Haushaltsrede 2021 von Rainer Hübinger, Vorsitzender der SPD Fraktion
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,
nachdem im Jahre 2019 der Klimaschutz dominiert hat, war es im Jahre 2020 die Corona Pandemie. Daneben hat dennoch eine Kommunalwahl stattgefunden. 2021 wird ebenfalls bestimmt durch Corona. Wir können aber die Hoffnung haben, dass es im nächsten Jahr wieder aufwärts gehen wird.
In meiner Haushaltrede 2020 habe ich gesagt, dass „wir […] uns bei der Haushaltsverabschiedung 2021 an neue Gegebenheiten gewöhnen müssen.“
Damit habe ich für 2021 voll ins Schwarze getroffen.
Dieser Haushalt wird der erste sein, den die neue Mehrheit aus Grünen, SPD, UVB, FDP, Linken und den Piraten verantwortet. Der Bürgermeister und die Verwaltung wollen oder können nicht realisieren, dass sich die politische Macht im Rat der Stadt Velbert verschoben hat. Die Bürger haben die bisherige Haushaltsmehrheit von CDU und SPD abgewählt. Nicht nur die SPD hat 9 % verloren, die CDU hat ebenfalls fast 5 % verloren. Das ist eindeutig. So war unser Auftrag als SPD klar, im Rat musste eine neue Mehrheit installiert werden, die den Willen der Mehrheit der Wähler widerspiegelt. Eine Koalition der Wahlverlierer -CDU, SPD und Velbert anders- war für uns undenkbar, obwohl sie rechnerisch im Rat eine Mehrheit hätte. Dies hat meine Fraktion auch so gesehen und mich als Fraktionsvorsitzenden einstimmig wiedergewählt. Zur neuen Mehrheit gab es auch schon Entwicklungen, die auf Veränderungen hingedeutet haben. So ist die zweite städtische Velberter Gesamtschule gegen den erbitterten Widerstand von Bürgermeister, CDU und Velbert anders gerade mit dieser neuen Mehrheit schon in der letzten Wahlperiode installiert worden.
Auch hat der Verlauf der Rats- und Bürgermeisterwahl – der Wahlkampf von Bürgermeister und CDU ist übrigens von der SPD als zunehmend unfair empfunden worden- dazu geführt, dass sich die SPD bei der Stichwahl auf die Seite der grünen Kandidatin Esther Kanschat gestellt hat. Und Frau Kanschat hat diese Stichwahl nur mit 220 Stimmen verloren. Eine tolle Leistung gegen einen Amtsinhaber.
Es ist erschreckend, wie Teile der Stadtverwaltung für den Bürgermeisterwahlkampf des Amtsinhabers instrumentalisiert wurden.
Aber der Wahlkampf hatte auch seine guten Seiten. Der Sportplatz Siepen wird nun ausgebaut und bekommt einen Kunstrasen, ebenso wird der Sportplatz Bonsfeld nicht aufgegeben, sondern bald sogar saniert. Dies waren SPD-Forderungen, die nun endlich umgesetzt worden sind.
Die Corona Pandemie bedeutet eine schreckliche, aber dennoch notwendige Einschränkung des privaten und öffentlichen Lebens. Wichtig ist, dass die demokratischen Institutionen – Bundestag, Landtage, aber auch unsere Kreis- und Stadtparlamente – stärker in die Entscheidungen eingebunden werden. Weg von Verordnungen, hin zu demokratisch beschlossenen Gesetzen.
Personell hat die neue Mehrheit sich in allen Entscheidungen wie z.B. den Ausschussvorsitzen, Zahl der stellvertretenden Bürgermeister, der Aufsichtsratsvorsitze und der Anzahl der Mitglieder in allen Gremien durchgesetzt. Wir haben es geschafft, dass sich die Mehrheit des Rates nun z.B. auch im Aufsichtsrat der BVG widerspiegelt. Damit ist ein entscheidender Schritt zur Transparenz in diesen Gremien geschafft worden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
nun aber auch zu den Dingen, die 2021 immer noch nicht in Angriff genommen worden sind:
- Die Hauptsatzung ist noch nicht überarbeitet worden. Die Kompetenzen der Bezirksausschüsse sind noch nicht ausgeweitet worden. Starke Stadtteile bedeuten ein starkes Velbert!
- Auch steht die Realisierung einer Park- und Ride Anlage in Neviges – Mitte immer noch in den Sternen. Der S-Bahnhaltepunkt Neviges-Mitte ist wichtiger Haltepunkt für den neuen RE 49 sein. Dies ist ohne einen Parkplatz für Bahnpendler nur bedingt sinnvoll. Dass solche Anlagen gut angenommen werden, sehen wir in Velbert-Langenberg.
- Es soll eine Studie in Auftrag gegeben werden, wie man Velbert Mitte, Wülfrath und Heiligenhaus an das Bahnnetz anschließen kann.
- Die Ehrenmale für die Toten der Weltkriege in Velbert – Mitte aber auch in Neviges sind immer noch in einem jämmerlichen Zustand. Denkbar wäre auch noch eine zentrale Erinnerungsstätte für die Corona Opfer.
Die SPD Fraktion wird dafür sorgen, dass diese Themen in nächster Zeit auch angefasst werden.
Nun zum Haushalts- und Stellenplanentwurf 2021. Es wäre für die SPD leicht gewesen, mit Hinweis auf die Corona Pandemie dem Haushaltsentwurf der Verwaltung zuzustimmen. Aber dies ist für die SPD Fraktion nicht der richtige Weg. Wir müssen den Klimaschutz und die digitale Revolution sozial gestalten. Die SPD muss Teil des Wandels sein und bleiben.
Deswegen ist dieser Haushalt ein Kompromiss von 6 Fraktionen. Es sind die Fraktionen, die Velbert verändern möchten. Dieser Weg war anfangs nicht so leicht. Mit zunehmender Dauer ist daraus aber eine gute und konstruktive Zusammenarbeit entstanden und es ist ein gutes Ergebnis herausgekommen. Euch vielen Dank dafür.
Daher gibt es zu dem Haushalt zehn Anträge, die unseren Veränderungswillen ausdrücken:
Teilbereich 1: Klimaschutz in Velbert
- Erstellung eines integrierten Mobilitätskonzeptes für Velbert
- Ein 15-Minutentakt für die Buslinie 649
Teilbereich 2: Digitalisierung in Velbert
- Einführung einer digitalen Bauakte
- Einführung eines Bürgerservice Portals
- Erweiterung der Funktionen des Ratsinformationssystems
- Stärkung der Bürgerbeteiligung und Transparenz von Entscheidungen durch die Einführung von Rats-TV
Teilbereich 3: Soziales Velbert
- Wegfall aller Kindergartengebühren ab dem Kindergartenjahr 21/22
- Einführung eines „Velbert Passes“
- Rückführung der Reinigungsleistung in städtischen Einrichtungen in den öffentlichen Dienst
Teilbereich 4: Coronafolgenbekämpfung
- Gebührenfreiheit für die Außengastronomie in Velbert
Die Abschaffung der Kindergartengebühren ist ein finanzieller Kraftakt für Velbert. Aber in Pandemiezeiten müssen Familien mit Kindern entlastet werden, das ist unser Beitrag dazu. Außerdem ist dies ein wichtiger Baustein des SPD Programms „gebührenfrei vom Kindergarten bis zur Uni.“ Das Thema der OGS Gebühren bleibt weiter bei uns auf der Agenda, muss aber angesichts der Haushaltlage noch zurückgestellt werden.
All dies kann aber nicht in einem Haushaltsjahr realisiert werden. So müsste der 15-Minutentakt der Linie 649 auch durch die Stadt Wuppertal getragen werden. Ein Taktbruch am Rosenhügel ist nicht sinnvoll. Daher haben wir die Realisierung dieser Maßnahme ins nächste Jahr verschoben. Der politische Wille dazu, soll aber schon heute manifestiert werden. Auch die Rückführung der Reinigungsleistung in den öffentlichen Dienst ist ein wichtiger Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit. Wir wollen keinen Mindestlohn in sozial prekären Beschäftigungsverhältnissen, sondern Bezahlung nach Tarif mit sicheren Arbeitsverträgen. Wir haben immer noch über 20% der Reinigungsleistung in kommunaler Trägerschaft, dies wollen wir nach und nach ab dem nächsten Jahr bis auf 100% erhöhen. Ein Beispiel dafür ist die Stadt Erkrath.
Die Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Digitalisierung müssen in diesem Jahr beginnen.

Diese Maßnahmen müssen finanziert werden. Im Gegensatz zum Antrag der CDU und Velbert anders haben wir eine komplette Gegenfinanzierung vorgelegt.
Wir sparen gezielt im Stellenplan und zwar nur bei den Neueinstellungen. Wir stimmen den Neueinstellungen in der Feuerwehr, im Sozialbereich, bei den Kindergärten – und im Ordnungsamt uneingeschränkt zu. Streichungen bei den Neueinstellungen nehmen wir vor, wenn es um neue Leitungsstellen oder eine weitere Vergrößerung der Wirtschaftsförderung geht. Auch werden wir eine Wiederbesetzungssperre von 6 Monaten einführen. Wir wollen: „Mehr Indianer, weniger Häuptlinge.“
Auch sparen wir in den internen Kosten der Verwaltung, wie z.B. bei den Sach- und Dienstleistungen, beim Porto, bei der Öffentlichkeitsarbeit, bei Gutachtern etc.
Die Bürgerinnen und Bürger sollen diese Einsparungen möglichst nicht merken.
Zum Abschluss noch ein Wort zu dem gemeinsamen Antrag von CDU und Velbert anders. Ihre beantragte Reduktion der Kindergartengebühren ist halbherzig. Schlimmer noch ist die Reduktion der Gewerbesteuer. Sie wollen den Gewerbesteuersatz verringern, wohlwissend, dass die Gewerbesteuer eine reine Gewinnsteuer ist. Damit wird kein Betrieb entlastet, der in die Corona – Krise gekommen ist, der zahlt nämlich keine Gewerbesteuer. Hier werden nur Betriebe entlastet, die gut durch die Krise gekommen sind oder sogar durch die Krise profitiert haben, es werden die entlastet, die es gar nicht brauchen. Aber die finanzpolitische Geisterfahrt wird dann noch fortgesetzt durch die Tatsache, dass Sie keinen Finanzierungsvorschlag für ihre Mindereinnahmen, die Herr Peitz auf 1,15 Mio Euro beziffert, haben.
Sehr geehrter Herr Böll, sehr geehrter Herr Peitz, wir danken Ihnen für die vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Bitte geben Sie den Dank der SPD Fraktion auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung weiter.
Die SPD stimmt dem Haushaltsentwurf 2021 mit den genannten Änderungen zu.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!