So geht es unserem Wald wirklich

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Am 11. Oktober lud die SPD zum Waldspaziergang mit dem Heiligenhauser Förster Hannes Johannsen ein. Nachdem die Trockenheit in den letzten zwei Jahren für viele Probleme gesorgt hatte, wollten wir es genau wissen. Wie geht es dem Wald vor Ort?

Kevin Rahn, Vorstandsmitglied der SPD Velbert berichtete gleich zu Beginn, das auf städtischen Flächen Velberts allein in diesem  September über 200 Bäume wegen Trockenschäden gefällt werden mussten. Diese erschreckend hohe Zahl ist bisher einmalig. Hinter dem Umweltbildungszentrum zeigt uns der Förster Hannes Johannsen riesige Stapel mit Baumstämmen, die außerplanmäßig gefällt werden mussten. Viele Kirschen, Buchen, Fichten und Lärchen haben diesen Sommer  in Heiligenhaus nicht überlebt.

Hinter dem Museum Abtsküche erklärte Förster Johannsen die Probleme im Wald des Rinderbachtals. Ursprünglich sind in unseren Breiten Buchenwälder heimisch. Doch Buchenwälder benötigen ständigen Regen, auch im Sommer. Vor  40 Jahren, als Rudi Carell noch von nassen Sommern sang, war dies auch Normalität und die Buchenwälder gediehen sehr gut. Das gesamte Rinder- (oder Vogelsangbach-)-tal ist umsäumt von großen und alten Buchen.

Die Ursprüngliche Landschaft unserer Heimat: Buchenwälder entlang eines Baches unterbrochen von kleineren Weiden.
Die Buchen an den oberen Talhängen sind durch die Trockenperioden bereits geschädigt und gelb.

Die Bäume im Tal sind auch immer noch grün und stark, doch bereits die Bäume an den Hängen sind gelblich. Der Heiligenhauser Förster erklärt, dass das kein Zeichen des Herbstes ist, sondern die Wurzeln der oberen Bäume viel weniger Wasser bekommen. Wenn es wenig regnet leiden diese Bäume sehr schnell.
Neben dem Waldweg liegt halb versteckt ein alter Steinbruch. Über den mächtigen Felsen wachsen direkt weitere alte Buchen. Hier ist besonders gut zu sehen, dass der Boden an den Hängen nicht sehr tief ist. Viel Regen aus dem Frühjahr kann die Erde deshalb nicht speichern. Das verstärkt das Problem der Buchen bei anhaltender Trockenheit.

Der Steinbruch ist wie ein Querschnitt durch den Boden. Auf dem Felsen liegt nur eine dünne Schicht Erde. Die Bäume krallen sich in die Felsen.

Pilzkrankheiten sorgen für Massensterben

Der Förster führt die Gruppe zu einer kleinen Lichtung am Bach. Eine einzelne sehr schmale Esche, bestimmt 20 m hoch, beherrscht diese Fläche. Vor einem Jahr standen hier noch viele weitere Eschen. Doch ein Pilz hat die restlichen Eschen innerhalb von kürzester Zeit abgetötet. Diese als Eschensterben bezeichnete Baumkrankheit ist neu in Europa und ist verheerend. Nur eine von 10 000 Bäumen überlebt den Pilz und gilt als immun. Leider kann man Bäume nicht impfen, weshalb Eschen gerade aus unseren Wäldern verschwinden.

Dort wuchsen bis letztes Jahr noch viele Eschen. Nur die sehr hohe und schmale Esche in der Mitte hat der Pilzkrankheit bisher stand gehalten.

Ein Museum für den Wald

Am Waldmuseum im alten Wasserwerk bekommen wir einen weiteren Einblick in den Wald. Das kleine Museum zeigt neben der Geschichte der Forstwirtschaft und vielen Geräten auch ein Themenzimmer zur Jagd. Wir erfahren, dass es in Deutschland kaum einen Wald gibt, der nicht schon einmal abgeholzt wurde.

 

 

 

Alte Forst-Werkzeuge zeugen von der knochenharten Arbeit im Wald. Aber auch von den vielfältigen Aufgaben des Waldarbeiters.
Das Waldmuseum lädt zum erleben ein. In Tastkästen lernt man den Wald auf anderen Wegen kennen. Im Gegensatz zum Fernsehen wird man zum Glück nicht gebissen.
In einem Land vor unserer Zeit: Das Arbeitszimmer eines Försters samt Schreibmaschine, Knobelbechern und „Pensionshirsch“.
Das Waldmuseum auf einer historischen Ansicht. Seinerzeit war unsere Heimat wesentlich weniger bewaldet.

Der Wald war außerdem prägend für die Entwicklung unserer Heimat. Die ersten Menschen siedelten eher in den Rheinebenen. Unsere Wälder waren viel zu dicht und Ackerbau in unseren kargen felsigen Böden erst nach Erfindung geeigneter Pflüge möglich. Erst als die Bevölkerung rasant wuchs, wurden viele Wälder abgeholzt. Velbert stammt namentlich von Feldbrathi ab, was so viel heißt wie „gerodetes Feld“.  Die Landwirtschaft nutzte jede mögliche Fläche für die Ernährung der Bevölkerung, nur unsere Täler und steilen Siepen blieben grün. Auch unsere Metallindustrie konnte nur entstehen, weil es mangels guter Ackerflächen viele Bäche (die als Antriebe für Hämmer benötigt wurden) und viel Holz gab, aus dem man Holzkohle für die Schmiedeöfen herstellen konnte.
Doch mittlerweile wächst unser Wald wieder.

Im Museum wird uns gezeigt, dass die Förster früher riesige Wälder planten und künstlich anlegten. Unser Förster ist sich aber sicher, dass die Zukunft des Waldes eine andere ist. Auch die Förster denken wieder kleinteiliger und ersetzten einzelne Bäume und beobachten jede Stelle des Waldes genau. Förster müssen heute einen Spagat aus Umweltschutz und Holzwirtschaft schaffen. Ziel sind keine reinen Fichten oder Buchenwälder mehr, sondern artenreiche Wälder mit vielen Baumsorten.

Eine wertvolle Waldmischung: Alte Bäume prägen die Landschaft, doch im Unterholz warten bereits die nächsten Baum-Generationen auf ihre Chance. Auch hier sieht man Trockenschäden an hoch liegenden Bäumen.
Die Pflanzen nutzen auch die kleinsten Mengen an Licht und wachsen auf verschiedenen Ebenen.

Der Moderne Wald heißt Mischwald

Mittlerweile ist der einstige Buchenwald mit anderen Bäumen gespickt worden. Weißtannen wachsen, wo Fichten gefällt wurden und Esskastanien sowie Eichen sind eine gute Ergänzung für Buchen. Beide Bäume vertragen die Trockenheit besser, sind heimisch und genauso wertvoll für uns Menschen. Die Esskastanie kann wie die Eiche ihre Verdunstung, also den Wasserverbrauch, bei Trockenheit senken. Die Weißtanne ist ein heimishcer Baum, der geringe Standortansprüche hat. Sein wohliger Tannengeruch und schöner Wuchs eigenen sich allerdings auch perfekt für Weihnachtsbäume.

Auch Lichtungen und Wiesen gehören zu unserer vielfältigen Landschaft. Je kleinteiliger und vielfältiger unsere Flächen sind, desto mehr Arten können hier überleben.

Aber auch Bäume die ursprünglich nicht aus unserer Heimat kommen werden gebraucht. Robinie, Nordmanntanne oder Schwarznüsse können unsere Wälder bereichern. Auch tote Stämme lugen aus dem Dickicht. Solche Relikte sind wichtig für Specht, Fledermaus, Eule und Co. Bewusst werden einige Baumstämme so belassen. Ein Plus für die Artenvielfalt.

Wo es die Sicherheit erlaubt, bleiben tote Stämme stehen. Viele Tierarten siedeln dort.
Aber auch kleinere Stämme helfen. Vögel bauen dort ihre Nester, die wiederum Insekten fressen und das Gleichgewicht im Wald stabilisieren.
Für einige Zeitgenossen sollte der Wald aufgeräumt wirken. Doch die Natur funktioniert in Kreisläufen und verrottendes Holz wird sofort durch andere Lebewesen besiedelt.
Erste Esskastanien aus Velbert. Der Baum hat Zukunft, weil er seinen Wasserverbrauch bei Trockenheit gut regulieren kann. Nur die Früchte sind noch sehr klein. Maximal 1cm groß lohnt sich das Sammeln für hungrige Köche nicht.

Der Rundgang endet am Umweltbildungszentrum in Heiligenhaus. Neben einer beeindruckenden Tiersammlung kann man hier eine weitere Gefahr des Klimawandels sehen. Im Hinterhof sägen Helfer aus Fichtenstämmen eine Adler-Figur. Die Fichten waren allesamt vom Borkenkäfer befallen und starben innerhalb von 8 Wochen komplett ab. Das warme Wetter sorgt für ideale Lebensbedingungen des kleinen Käfers. Während der Borkenkäfer woanders gesamte Fichtenwälder aufisst haben wir hier nur einzelne Ausfälle. Theoretisch könnte man diese mit Fallen fangen, jedoch ist der Aufwand dafür zu hoch. Immerhin kann aus dem ansonsten intakten Holz (der Käfer befällt nur die Rinde) noch viel gemacht werden.

Die Waldeule. Auch befallenes Holz kann so genutzt werden. Im Umweltbildungszentrum entsteht gerade eine große Adler-Statue aus Fichte.

Unserem Wald drohen durch den Klimawandel und lange Trockenperioden große Probleme. Doch durch neue Arten und kleinteilige Bewirtschaftung können wir unseren Wald auch in Zukunft genießen. Das Aussehen unserer Wälder wird sich verändern, jedoch können wir sie jetzt selber umgestalten. Wir danken dem Förster Hannes Johannsen für seine interessante und fachkundige Führung.

Hinweis: Das Umweltbildungszentrum ist jederzeit einen Besuch wert. Außerdem kann hier ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolviert werden.