Gedanken zur Situation der SPD nach dem Scheitern von Jamaika.

Gedanken zur Situation der SPD nach dem Scheitern von Jamaika.

von Volker Münchow

Martin Schulz hatte Recht, als er nach der verlorenen Bundestagswahl den Gang in die Opposition ankündigte. Der Wähler hat das so gewollt. Dies gilt auch heute noch. Insofern verhält sich die Führung der SPD völlig richtig, auch nach dem Scheitern von Jamaika nachdem FDP Chef Lindner sein persönliches Feinripp-Ego befriedigt hat und plötzlich der SPD den schwarzen Peter zuspielen will. Doch es bleibt auch Fakt, dass die SPD sich immer wieder dazu veranlasst sah, Verantwortung für das Allgemeinwohl und den Staat zu übernehmen und Beispiele dafür, dass die Sozialdemokraten das auch fast immer getan haben, gibt es in der nunmehr 154 jährigen Geschichte der SPD zu Genüge.

Aber jetzt muss man auch taktisch mit dem Ergebnis der Sondierungen umgehen. Eine Verweigerung einer GroKo ist zwar aus Sicht der meisten Parteimitglieder richtig, könnte aber beim Wähler auf wenig Gegenliebe stoßen. Eine reale Gefahr für die Sozialdemokratie.
Andererseits könnte eine neue GroKo innerhalb der SPD und auch bei einem Teil der Wählerschaft ebenfalls Erosionen zur Folge haben. Wie also umgehen mit dem Dilemma, das uns FDP, CSU Grüne und CDU ein gebrockt haben? Ein Schritt könnte sicherlich eine Tolerierung einer Regierung Merkel durch die SPD sein. Natürlich nur im Rahmen der Programmatik der SPD. Das geht übrigens auch nur mit Merkel, denn die SPD will ja nicht den/die neuen Kanzlerkandidaten/in bei der CDU auch noch aufbauen. Das kann aber für mich nur die letzte Option sein.

Besser wären wir Sozialdemokraten vielleicht dran, wenn wir mit Merkle doch eine GroKo bilden, aber eben nicht für vier Jahre, sondern maximal für zwei Jahre und heute schon, bzw. mit Eintritt in diese Koalition Neuwahlen Anfang 2020 bereits fixieren. Inhaltlich darf sich diese GroKo nur auf wenige, drängende Themen beschränken und den Rest der Politikfelder nur verwalten und nicht gestalten. Denkbar wäre es, Europas Zukunft zu einem dieser Schwerpunkte zu machen, denn Deutschland als „Lame Duck“ ist eben kein Motor Europas mehr, den unser Partner Frankreich aber dringend braucht. Ohne die Achse Berlin-Paris ist Europa in einem Zustand der Lähmung und kaum handlungsfähig. Angesichts des steigenden Selbstvertrauens und sich ausdehnender Macht und wirtschaftlicher Stärke in China, Indien, Brasilien oder Südafrika und gegenüber den USA muss sich Deutschland um Europa kümmern, denn sonst ist jeder europäischer Nationalstaat bestenfalls noch ein Bauer auf dem weltpolitischen Schachbrett, wenn überhaupt. Nur ein gemeinsames Europa kann sich wirtschaftlich und politisch eine adäquate Stellung innerhalb der Weltgemeinschaft erarbeiten. Deshalb die erste Forderung. Europa zum Kernthema machen und gemeinsam mit Frankreichs Präsident Macron die nächsten zwei Jahre nutzen, um Europas Einigung und Gewichtung in der Welt voranzubringen. Dies wird vom SPD Programm gedeckt und würde unsere Mitglieder sicherlich überzeugen. Die Christdemokraten sind sicherlich auch dazu zu bewegen.

Zweiter Schwerpunkt muss die intelligente Erreichung der Ziele der Pariser Klimakonferenz sein. Intelligent, um Verwerfungen in der sozialen Struktur zu verhindern, gerade in der Lausitz und im Rheinischen Revier. Aber auch um den Individualverkehr und damit den normalen Bürgerin den Städten nicht noch stärker zu belasten. Wasserstoff- und Elektroantriebe bei Bussen, Lieferfahrzeugen und Taxen sind ein schnellerer und effektiverer Weg auf dem Weg dahin. Dies sollte sowohl der SPD als auch der CDU-Wählerschaft zu vermitteln sein.

Drittes Thema sollte der Einstieg in ein verbessertes Rentensystem sein, der Einstieg in die Bürgerversicherung. Dies ist durch unsere Programmatik gedeckt und ist für uns die zentrale Forderung gegenüber den Christdemokraten um einer GroKo zuzustimmen. Wenn die CDU diesen Einstieg ablehnt, gibt es keine Große Koalition.

Vierter und letzter Schwerpunkt sollte die ausreichende Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum, die Verbesserung der Infrastruktur bei Straße, Schiene und der Schifffahrt und der Ausbau der Breitbandinfrastruktur sein. Dies ist im Interesse der SPD, aber sicherlich auch der CDU.

Fazit: Die SPD nimmt den Kritikern von rechts und links den Wind aus den Segeln und sendet in die SPD das Signal- Es beginnt ein Umbau und eine Neuausrichtung der Partei, es wird eine Erarbeitung von Zielen und Themen bis 2020 erfolgen und dann greift die Sollbruchstelle mit einem bereits heute fixierten Neuwahltermin. Die Regierung setzt aktiv nur die Punkte um, die aus den vier Schwerpunktbereichen kommen. Andere Themen werden nur angegangen, wenn sie für beide Koalitionspartner wichtig und unaufschiebbar sind. Diese Punkte werden in einem möglichen Koalitionsvertrag fixiert, der von Frühjahr 2018 bis Frühjahr 2020 gilt, dann gibt es Neuwahlen. Die SPD hat die Zeit sich zu regenerieren, neue Themenfelder aufzumachen für die Zeit nach der Wahl 2020 und kann sich in diesen zwei Jahren neu aufstellen. Das Land hat eine stabile Regierung, die allerdings nur in wesentlichen Kernthemen handelt und sich stark auf Europas Zukunft konzentriert.

Dies ist vielleicht ein Vorschlag über den man diskutieren sollte. Ich freue mich über eure Einschätzungen zu diesem Standpunkt.

Volker Münchow