Antrag zur Klausurtagung des Landesvorstandes der NRWSPD 15./16.09.2006
Region Niederrhein/Beschluss des Regionalvorstandes und des Regionalausschuss
Unternehmenssteuerreform und Kommunalfinanzen
Ausgangssituation:
Die Reform der Unternehmenssteuer und die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden sind formal und inhaltlich miteinander verknüpft. Die SPD Niederrhein erneuert im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform ihre Forderung nach einer nachhaltigen Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung.
Gerade angesichts der Probleme vor Ort akzeptieren immer mehr Bürgerinnen und Bürger die Notwendigkeit, zusätzliche Lasten zu tragen. In den Kommunen wird die Notlage der öffentlichen Haushalte am deutlichsten. Straßen und Schulen, Kindergärten und Jugendzentren, Rathäuser und Fußgängerzonen sind häufig in einem maroden Zustand. Bereits heute sind von den 427 Städten, Gemeinden und Kreisen in Nordrhein-Westfalen 193 in Haushaltsnotlage. 105 von ihnen haben noch nicht einmal ein genehmigtes Haushaltssicherungskonzept. Dies hat verheerende Folgen für die kommunale Selbstverwaltung und damit letztendlich für alle Bürgerinnen und Bürger. Die Kommunen als unterste staatliche Finanzebene können aus eigener Kraft ihre Situation nicht verbessern.
Die SPD im Niederrhein fordert deshalb eine gerechte und nachvollziehbare Reform der Unternehmenssteuern, die für die Kommunen eine tatsächliche Verbesserung bringt.
Die Unternehmenssteuerreform:
Die Niederrheinische SPD unterstützt das Ziel, durch eine Unternehmenssteuerreform die Attraktivität des Standorts Deutschland zu steigern. Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und damit die Arbeitsplatzsicherheit für die Menschen ist ein wichtiges Ziel der sozialdemokratischen Wirtschafts- und Finanzpolitik.
Angesichts der erheblichen Beiträge von Bürgerinnen und Bürgern zur Konsolidierung der Sozialsysteme und der Staatsfinanzen darf es nicht zu Steuergeschenken an die Wirtschaft kommen. Dabei gilt es insbesondere den Zusammenhang zwischen den nominalen Steuersätzen und den tatsächlich gezahlten Steuern zu beachten. Auch ist auf eine Gleichbehandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften zu achten.
Unter dem Aspekt der sozialen Ausgewogenheit ist es nicht hinnehmbar, Steuerausfälle in Milliardenhöhe einzukalkulieren, während gleichzeitig die Erhöhung der Mehrwertsteuer als unverzichtbar für den Staatshaushalt dargestellt wird.
Die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer:
Unsere Städte und Gemeinden brauchen verlässliche, stabile Einnahmen. Die SPD im Niederrhein fordert deshalb, die bisherige Gewerbesteuer zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer weiterzuentwickeln, die eine Einbeziehung gewinnunabhängiger Elemente in die Besteuerung vorsieht.
Diese Steuer ist unverzichtbar für die Kommunen. Mit der SPD wird es deshalb keine Abschaffung oder Bagatellisierung der Gewerbesteuer geben. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich die Absicht, die Bemessungsgrundlage auf eine breitere Basis zu stellen. Diese Absicht muss im Rahmen der Unternehmenssteuerreform allerdings auch tatsächlich umgesetzt werden. Angesichts der finanziellen Not der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen reicht die Erklärung nicht aus, die Abschaffung der Gewerbesteuer verhindert zu haben.
Für uns ist die Einbeziehung aller Selbstständigen in die Steuerpflicht ein unverzichtbares Element einer kommunalen Unternehmenssteuer. Freiberufler und Vermieter partizipieren an der kommunalen Infrastruktur in starkem Maße. Ziel der Reform muss es deshalb auch sein, die derzeitige Ungleichbehandlung von Einkünften aus Gewerbebetrieb und selbständiger Tätigkeit aufzuheben. Die kommunale Wirtschaftssteuer muss für den Steuerzahler transparent und gerecht sein und sie muss für Städte und Gemeinden vorhersehbar sein. Es ist damit zu rechen, dass die Steuerzahler ein transparentes und gerechteres Steuersystem akzeptieren und sich die Zahlungsbereitschaft erhöht, wenn klar ist, dass die kommunale Steuer auch vor Ort zum Erhalt und Ausbau der kommunalen Infrastruktur eingesetzt wird. Ein rückläufiges Infrastrukturangebot führt zu großen Problemen in den Kommunen und damit auch für die Unternehmen.
Wir wollen die kommunale Handlungsfähigkeit stärken, indem wir das Hebesatzrecht der Kommunen beibehalten. Durch eine Verbreiterung der Basis und eine Heranziehung von bisher ausgeklammerten Steuertatbeständen wird ein stabileres und höheres Niveau der Kommunalwirtschaftssteuer erreicht und führt zu einer größeren Unabhängigkeit von Konjunkturzyklen. Die bisherigen Steuerpflichtigern werden durch die Reform nicht höher belastet.
Das Gemeindfinanzierungsgesetz:
Die gelb/schwarze Landesregierung versucht die Landesfinanzen auf Kosten der Kommunen zu sanieren. Dieser Versuch muss sofort gestoppt werden.
Die Situation für Städte, Gemeinden und Kreise in NRW hat sich trotz erhöhter Steuereinnahmen nicht verbessert. Zusätzlich belastet das Land die Kommunen um zusätzliche 452 Millionen Euro. Durch den Ausfall der Erstattung für nicht eingenommene Elternbeiträge in den Kindergärten um 85 Millionen, durch eine höhere Beteiligung bei der Krankenhausfinanzierung in Höhe von 94 Millionen Euro, durch 18 Millionen Euro Kürzungen bei den Volkshochschulen und Weiterbildungseinrichtungen. 3 Millionen kürzt Schwarz/Gelb bei der Altlastensanierung und 54 Millionen Euro Anteil am Gemeindefinanzierungsgesetz bleiben beim Finanzminister anstatt bei den Kommunen. Der gestrichene kommunale Anteil an der Grunderwerbssteuer in Höhe von 162 Millionen Euro und jeweils 18 Millionen Euro beim Flüchtlingsaufnahmegesetz und beim sozialen Wohnungsbau ergeben die Gesamtsumme von 452 Millionen Euro.
Dieser Griff in die kommunalen Kassen trifft die kommunale Selbstverwaltung und damit letztendlich alle Bürgerinnen und Bürger. Diese neuerliche Umverteilung zu Lasten von Städten und Gemeinden schwächt deren Handlungsfähigkeit weiter. Der Ausverkauf der kommunalen Interessen durch die Landesregierung geht voll zu Lasten der Menschen in den Kommunen. Die SPD Niederrhein protestiert gegen diese kurzsichtige und gemeindefeindliche Politik.
Fazit:
Eine Unternehmenssteuerreform, die sozialdemokratische Handschrift trägt, muss sozial gerecht ausgestaltet sein und für die Kommunen tatsächliche Verbesserungen bringen. Verbesserungen auf kommunaler Ebene dürfen nicht durch kurzsichtige Länderpolitik zur Sanierung von Landeshaushalten zweckentfremdet werden.