Leicht geduckt flitzt Bundeskanzler Gerhard Schröder über den Rasen der Familie Hahn in der Anlage der Gartenfreunde Bonsfeld zu einem Pavillon. 18 Uhr in Langenberg. Jedes Sommerfest wäre jetzt ins Wasser gefallen.
Als hätte Kerstin Griese es geahnt. "Wo ist eigentlich ein roter Schirm? Man kann ja nie wissen", schaut sie gegen 16.30 Uhr hilfesuchend über die längst sehr gut gefüllte Festwiese. Die Sonne scheint nur die Schirmherrin des Gartenfestes denkt jetzt an Regen. 500 Gäste sind in Vorfreude gekommen. "Das ist doch schon was, den Kanzler hier bei uns zu erleben", sagt Shahin Wagner vom Elternverband für Chancengleichenheit.
Sie will Schröder einen Brief einer Familie aus Sarajevo geben, der die Ausweisung droht. Auf der Bühne spielt eine Dixieland-Kapelle, und die Schlange vor dem Getränkestand wird immer länger.
Der Himmel bleibt blau. 16.40 Uhr. Plötzlich grüßt CDU-Landtagsabgeordneter Marc Ratajczak ohne Berührungsängste in die Runde. "Wenn der Kanzler schon mal in meinen Wahlkreis kommt", grinst er ausgelassen. Das tut auch Christoph Comel, sozialdemokratisches Urgestein aus Wülfrath. "Klasse, dass der Schröder sich hier in der Provinz sehen lässt." Aus seiner Jackeninnentasche fingert er eine schwarz-rot-goldene Krawatte heraus.
"Hier muss er unterschreiben", zeigt er die Stelle neben Autogrammen von Annemarie Renger, Rolf Jobi, Heinz Kühn, Johannes Rau und Willi Brandt. Einen Gartenzaun weiter rast ein kleiner Junge im Schalke-Trikot sackhüpfend durch einen Slalomparcours. Zwei Mädchen werfen Bälle auf Dosenpyramiden. Und die Sänger der Musical-Gruppe Spectaculum ziehen sich um. Kadir Yuzbasioglu steht hinter dem Grill. Der Türke hat seit Jahren ein Häuschen in der Anlage.
"Für Velbert ist das auch gut, dass der Kanzler kommt", befindet er. Gleich will er ihm eine Bratwurst aus Hammelfleisch anbieten. "Die ist heute frisch in einem Velberter Geschäft gepresst worden."
Der Himmel zieht sich über dem Sender zu. 17 Uhr. Ein Schauer prasselt nieder. Die Festwiese leert sich nicht. Unter Schirmen wird`s gemütlich eng. Thomas Hahn, der 41-jährige Stahlformbauer, muss den gedeckten Tisch rot-gemustertes Porzellan auf grünem Plastik unterstellen. Hier soll der Kanzler gleich einen Plausch halten, bevor er zur Festwiese geht.
Der Weg dorthin ist mit roten Ballons und kleinen Windräder geschmückt. Vorbei am Kohrabi-Beet, an den Tomatenstauden unter Zellophan und vom Regen niedergedrückten Zwiebeln führt der schmale Pfad, auf dem jetzt Journalisten aus der ganzen Republik ausharren. Selbst der Bayerische Rundfunk schickt ein Kamera-Team Stoibers Äußerungen wecken Interesse an des Kanzlers Replik.
Thomas Hahn nimmt das Interesse locker. Plaudert über den Zaun mit den Redakteuren. "Sie sind heute die meist fotografierte Familie Deutschlands", sagt einer. An der kleinen Hütte steht ein Holzschild. Mit dem Lötkolben hat seine Frau Susanne am Morgen das Wort "Kanzler-Eck" eingebrannt.
"Das glaubt mir keiner", sagt Thomas Hahn und fotografiert die bizarre Szenerie rund um den Holzkohlengrill, auf den er später zehn Würstchen legt. Die Salate sind fertig. Seine Kinder Bianca und Christian spielen Tischtennis. Um 17.45 Uhr schwebt der Kanzler-Hubschrauber an. 17.58 Uhr knarren Walkie Talkies. "Er kommt." Und mit ihm ein heftiger Guss.