Über mögliche Folgen des anstehenden Regierungswechsels möchte ich hier jetzt nicht spekulieren, meine Befürchtungen nur an einigen Stelle im Laufe meiner Aus-führungen konkretisieren.
Eine der vielen dem ehemaligen Bundestrainer Sepp Herberger zugeschriebenen Fußballerweisheiten wird im Moment häufig auf den Bereich der Politik umge-münzt und stimmt genau: Nach der Wahl ist vor der Wahl.
Und ebenso wie die Schalker werden die Sozialdemokraten in Velbert und im gan-zen Land ein Motto beherzigen, dass in der Arena jeweils mit einer Fanfare ange-kündigt wird:
ATTACKE
Um Befürchtungen sofort vorzubeugen: Gemeint ist nicht die Attacke gegen den vorliegenden Haushaltsentwurf oder seine Verfasser. Vielmehr wollen wir weiter offensiv die Probleme unserer Stadt angehen, soweit kommunale Politik dazu in der Lage ist. Der Etatentwurf liefert dafür eine Grundlage, die SPD-Fraktion wird ihm daher zustimmen.
Dabei gibt das Zahlenwerk wenig Anlass zu euphorischem Jubel.
Ein nüchterner Blick auf den formal ausgeglichenen Haushalt offenbart ein struktu-relles Defizit von mehr als 14 Millionen Euro.
Nur die neue Systematik des NKF ermöglicht eine einfache Deckung: Entnahme aus der Ausgleichsrücklage.
Selbst bei kleiner werdendem Defizit jedoch wird diese Rücklage in wenigen Jahren aufgezehrt sein. Dies vorhersehend hat der Velberter Rat bereits im vorangegange-nen Jahr einstimmig ein freiwilliges Konsolidierungsprogramm beschlossen, mit dem dauerhaft laufende Kosten in Höhe von 2 Millionen Euro eingespart werden sollen. Bis zum Haushaltsjahr 2006 soll dieses Programm konkret ausgearbeitet und abgestimmt werden. Die Sparrunden der Vergangenheit haben uns gezeigt, vor welch schwieriger Aufgabe wir dabei stehen.
Anrede
Obwohl erst für den kommenden Haushalt wirksam, möchte ich hier einige An-merkungen zu den anstehenden Einsparungen machen.
Die gemein hin verbreitete und wohl auch leichteste Methode der Kürzung ist die Methode „Rasenmäher”. Ich stelle in Zweifel, ob sie, gerade auch in unserer Situati-on, die beste und richtige ist.
Vielmehr sollten wir in Velbert ausgiebig und unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger über strategische Ziele des kommunalpolitischen Handelns diskutieren. Der vom Verwaltungsvorstand dazu vorgelegte Entwurf ist ein Anfang, muss aber noch verbessert werden. Mit strategischen Zielen als Richtschnur sollte dann eine Gewichtung in die Vorschläge zu Einsparungen gebracht werden. Gewichtet im Hinblick auf die Zukunft unserer Stadt. Ich stelle mir zum Beispiel vor, dass die Aus-richtung auf Kinder und Jugendliche dabei deutlich werden muss.
Die Sozialdemokraten stellen sich dieser Aufgabe und verzagen nicht. Unser Motto:
ATTACKE
Für die finanzielle Situation unserer Stadt, die, wie beschrieben, Einschränkungen nötig macht, sind wir natürlich nicht allein verantwortlich. Das Ausbleiben einer an Verlässlichkeit orientierten Gemeindefinanzreform ist in diesem Haus schon mehr-fach und von Vielen, nicht zuletzt von Ihnen, Herr Bürgermeister, beklagt worden.
Dem dringenden Wunsch, hier zu Veränderungen zu kommen, kann man sich mit dem Blick nach Berlin nur anschließen. Ich fürchte allerdings, wir werden darauf noch einige Zeit warten müssen.
Aber auch ganz in der Nähe, in Mettmann nämlich, sind Entscheidungen gefallen, die die Finanzen unserer Stadt belasten. Der mit hauchdünner Mehrheit beschlos-sene Haushalt des Kreises verlangt über die Kreisumlage von den Städten mehr Geld. Dafür leistet sich der Kreis dann eine zusätzliche freiwillige Aufgabe im Be-reich des Sports. Besonders pikant an der vom Landrat im Kommunalwahlkampf geborenen und mit vielfachen Irrungen und Wirrungen veränderten Idee: Die Städ-te, die das meiste Geld für die Sportinvestitionen aufbringen sollen, werden nichts davon zurück bekommen. Es geht um die Städte Hilden, Ratingen und Langenfeld. Velbert zahlt erst einmal kräftig ein, etwa 850.000 Euro, und bekommt sicher 710.000 Euro zurück. Weiteres lässt sich noch nicht sagen, nach meiner Einschät-zung wird es für unsere Stadt günstigenfalls ein Nullsummenspiel. Es sei denn, die-se unsinnige Maßnahme wird noch gestoppt.
Abgelehnt hat der Kreistag in Mettmann übrigens die Vorschläge der dortigen SPD-Fraktion zum Kreishaushalt, die für uns in Velbert etwa je 1,1 Millionen weniger Ausgaben für die Umlage in den Jahren 2005 und 2006 gebracht hätten. Nur zur Erinnerung: Das wäre schon mehr als die Hälfte der angestrebten Summe unseres zukünftigen Konsolidierungsprogramms.
Auch in Mettmann bleibt daher das Motto der Sozialdemokraten:
ATTACKE
Anrede
Nun zu einigen Teilbereichen des Haushaltes.
Die Medienentwicklung in unseren Schulen wird konsequent weiter betrieben. Wie in den vergangenen Jahren hilft die Schulpauschale des Landes dabei, die Ausstat-tung mit neuen Medien nach einem abgestimmten Konzept voran zu bringen. 800.000 Euro stehen dafür im Haushalt zur Verfügung, aus Sicht der SPD-Fraktion eine unerlässliche Investition in die Zukunft.
Auch bei der Aufarbeitung des Rückstandes an Instandhaltung der Schulgebäude ist die Schulpauschale hilfreich, wir machen Fortschritte in diesem Bereich. Dabei könnte man sich noch mehr Geschwindigkeit wünschen, wie meine Beobachtun-gen vor Ort bestätigen.
Das Angebot der „offenen Ganztagsgrundschule” wird ausgebaut, im nächsten Schuljahr steht es an jeder Grundschule unserer Stadt und an der Sonderschule zur Verfügung. Bund und Land tragen dabei neben den Eltern die hauptsächliche fi-nanzielle Belastung. Der Bund liefert zum Beispiel den größten Anteil der etwa 1,5 Millionen Euro für Investitionen in Bau und Ausstattung, die im Haushaltsplan vor-gesehen sind. Das Lande trägt etwa die Hälfte der laufenden Kosten, die andere Hälfte bringen zu großen Teil die Eltern über Beiträge ein. Darüber hinaus bleibt natürlich der Einsatz der Stadt sehr lobenswert, namentlich gilt der Dank dem De-zernenten Dr. Possemeyer und dem Fachabteilungsleiter Herrn Stahl. Ohne die freien Träger könnte die OGATA ihr qualitativ hochwertiges Angebot nicht erbrin-gen, bliebe vor allem die Verknüpfung von Schule und Jugendhilfe Stückwerk, be-sonders AWO und SKFM leisten hier Hervorragendes. Eine ausdrückliche Erwäh-nung verdient hier die Fachabteilung Kultur, die als Träger der OGATA in zwei Schu-len mutig Neuland betreten hat und noch eine weitere Trägerschaft übernehmen wird. Last, but not least, gilt der Dank allen Grundschulen und der Sonderschule für ihr Engagement.
An dieser Stelle gestattete ich mir die Äußerung einer Befürchtung und eine drin-gende Bitte:
Die CDU in Nordrhein-Westfalen hat die OGATA abgelehnt und ihre Einführung in vielen Städten verhindert oder aufgehalten. Die Velberter Christdemokraten stellen da eine positive Ausnahme dar. Meine Befürchtung: Die neue Regierung in Düssel-dorf wird die Offene Ganztagsgrundschule wieder abschaffen. Meine Bitte an die örtliche CDU: Überzeugt die in Düsseldorf von der Qualität dieses Angebotes und tragt zu seinem Erhalt bei.
Wir in Velbert sind ja sogar schon einen Schritt weiter: Auf Antrag der SPD sind in den Haushalt einstimmig Mittel eingestellt worden, um nach dem Modell des offe-nen Ganztages auch in der Sekundarstufe I, genauer in den Klassen von 5 bis 7, ein Angebot zu machen. An drei Schule soll dies modellhaft geschehen, und hier ist zunächst die Finanzierung durch Stadt und Eltern aufzubringen. Wir wollen mehr Ganztagsangebote in unserer Stadt, und dafür steht ein hier gemeinsames Motto:
ATTACKE
Wenn, wie von der CDU versprochen, dann auch noch die Horte erhalten bleiben, wird das Angebot sinnvoll ergänzt.
Die Schulentwicklung Velberts und die Diskussion darüber sind in den vergangenen Monaten auf Sparflamme gesetzt worden. Jetzt, wo mehr Klarheit auch über den schulpolitischen Weg im Land herrscht, wenn auch mit von uns Sozialdemokraten nicht gewünschtem Ergebnis, wird es Zeit tätig zu werden. Im Licht der neuesten Zahlen und hoffentlich unter dem Eindruck einiger erfolgreicher Zusammenarbeit in verschiedenen Themenfeldern, müssen wir die Entwicklung der Velberter Schul-landschaft voran bringen. Dabei gibt es in der SPD vor Ort keine Denkverbote.
Das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) der Bundesregierung ist ein wichtiger Meilenstein für die Förderung unserer Kinder. Es regelt erstmalig die Betreuung von unter dreijährigen Kindern in unserem Land. Hier muss deutlich mehr getan wer-den als in der Vergangenheit. Durch die Kurzfristigkeit der Gesetzesverabschiedung und die noch unklaren Umsetzungsvorgaben des Landes und des Landesjugendam-tes wird – von wenigen Einzelmaßnahmen abgesehen –
eine geregelte Umsetzung des Gesetzes in diesem Jahr (Kindergartenjahr 2005/06) nicht mehr möglich sein. Die SPD wird jedoch darauf drängen, dass zum folgenden Kindergartenjahr 2006/07 in allen Velberter Stadtteilen Betreuungsangebote für unter Dreijährige in Kindertagesstätten angeboten werden. Ob die angenommene Angebotsquote von 20 % eines Jahrgangs ausreichend ist, wird durch eine Bedarfs-prüfung (z.B. durch eine Elternbefragung) zu klären sein.
Wir haben eben über die Zukunft von Schloss Hardenberg debattiert und abge-stimmt. Die Entscheidung ist nicht gegen ein Grafikmuseum gefallen, sondern für eine Kinder- und Jugendakademie. Dies entspricht der an anderer Stelle bereits er-wähnten Ausrichtung auf nachwachsenden Generationen und ist damit eine Ent-scheidung für die Zukunft unserer Stadt. Die Millionen Euro, die in den nächsten Jahren in die Schlosssanierung gesteckt werden, sind so gut angelegt.
Die unter der Überschrift „Hartz IV” eingeleiteten Veränderungen in unseren Sozi-alsystemen gestaltet die Stadt Velbert aktiv und engagiert mit. Ausdruck dafür ist die hohe Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich für die Tätigkeit in der Arbeitsgemeinschaft von Arbeitsagentur, Kreis und Kommunen gemeldet ha-ben. Durch den Personalkostenzuschuss des Bundes wird hier übrigens Geld in Hö-he von etwa 1 Million Euro in die städtischen Kassen kommen, angesichts unserer Haushaltslage und der zu leistenden Aufgaben (Tagesbetreuung von Kindern unter drei Jahren) eine nachhaltige Verbesserung.
Im Zusammenhang mit Hartz IV wird mir allerdings zu viel über die sicher bei ei-nem solch umfangreichen Projekt zu erwartenden Anfangsschwierigkeiten gespro-chen, statt auf erste Erfolge zu verweisen. Wer die gestiegene Zahl von Arbeitslosen nennt und politisch nutzt, sollte auch die stark gefallene Zahl der Sozialhilfeemp-fänger nennen. In Velbert gibt es hier einen Rückgang von mehr als 90%, das darf nicht unerwähnt bleiben.
Natürlich müssen die die arbeitsmarktbezogenen Hilfen auch bei den Betroffenen ankommen, durch ein Mehr an Beschäftigung und ein Mehr an Ausbildung. Beson-ders werden wir Sozialdemokraten darauf achten, dass es der Arbeitsgemeinschaft "ME-aktiv" gelingt, den Rechtsanspruch für junge Arbeitslose auf Ausbildung, Ar-beit bzw. Beschäftigung auch umzusetzen.
Speziell für Velbert sollte schnellstmöglich eine für Arbeitsagentur und Stadt ge-meinsame Anlaufstelle gefunden werden, auch bevor das Neubauprojekt gegen-über dem Finanzamt realisiert werden kann. Die aktuelle Situation, dass ein ALG II-Bezieher und damit ein ARGE-Kunde je nach "Vorgeschichte" entweder zur Dienst-stelle der Arbeitsagentur oder zum Rathaus laufen muss, ist nicht im Sinne des Ge-setzes und somit nur für eine Übergangszeit akzeptabel.
Auch für die Umsetzung von Hartz IV gilt unser Motto:
ATTACKE
Das Engagement der städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe ich bereits gelobt und werde dies auch in weiteren Punkten meiner Rede tun. Eine Vorausset-zung für ihre gute Arbeit ist die vernünftige Ausstattung ihres Arbeitsplatzes. Da-mit komme ich zu den Technischen Betrieben Velbert. Seit Jahren nun arbeiten die dort Beschäftigten in und mit Provisorien. Die Entscheidung des Rates, in einigen Jahren einen neuen Standort für die Betriebe neben den Stadtwerken aufzubauen, und damit weitere Jahre unzulänglich untergebracht zu sein, ist so nicht mehr haltbar. Hunderttausende Euro für eine Übergangszeit in das Provisorium zu ste-cken, um die Arbeitsverhältnisse einigermaßen zu normalisieren, ist nicht vernünf-tig. Also wird die SPD-Fraktion in einer der nächsten Sitzungen beantragen, den Ratsbeschluss zu ändern, den Standort der TBV am Lindenkamp zu belassen und jeden Euro ab jetzt in die dauerhafte Umgestaltung der Arbeitsplätze zu stecken.
Mit dem von der Mehrheit beschlossenen Ansatz von Planungskosten für ein Sport-zentrum begeben wir uns auf einen schwierigen Weg. In Zeiten knapper Finanzen millionenschwere Investitionen zu planen muss gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern gerechtfertigt werden. Vor allem der Eindruck, hier werde einem Sportver-ein ein Gefallen getan, kann zu Missstimmungen führe. Ich sage daher ganz deut-lich: Dieser Eindruck ist falsch. Das Sportzentrum wird ein Gewinn für den Sport der ganzen Stadt. Gerade dem Breitensport werden neue Möglichkeiten geboten. Das hier Vereine mit guter Jugendarbeit einbezogen werden, lässt wieder den roten Faden der Ausrichtung auf diesen Bereich erkennen. Es reicht nicht, in Sonntagsre-den die Bedeutung des Sports zu betonen und auf seine soziale Funktion hinzuwei-sen. Die Voraussetzungen in Form der Sportstätten müssen gegeben sein, wir wa-ren und sind dabei in Velbert auf einem guten Weg. Übrigens gilt auch hier: Investi-tionen schaffen Arbeitsplätze.
Unsere Stadt hat viele schöne Seiten, es gibt aber auch problematische Bereiche. Mit Hilfe des Landes in Millionenhöhe setzen wir Stadterneuerung besonders in Birth/ Losenburg und der Nordstadt um. Auch hier äußere ich die Hoffnung, dass die neue Landesführung die Städte nicht im Stich lässt, denn es gibt noch viel zu tun.
Wir haben den ersten Haushaltsplanentwurf nach doppischer Gestaltung vor uns. Das stellt auch erfahrene Kommunalpolitiker vor neue Aufgaben beim Studium des Plans und ist gewöhnungsbedürftig. Durch gute Vorbereitung und Weiterbildung aber fiel es leichter als von mir und anderen befürchtet.
Es gibt daran noch Einiges zu feilen, so sind mehr Informationen in den Erläuterun-gen und Vergleichszahlen sinnvoll. Zusammen mit der im Entwurf vorliegenden Eröffnungsbilanz haben wir aber insgesamt einen umfassenderen Überblick über unsere finanzielle Situation und können noch besser als in der Vergangenheit Fol-gen unserer Entscheidungen bewerten. Ein großer Dank an die Mitarbeiter der Kämmerei und der Zentralen Dienste, dass dies so reibungsarm geklappt hat.
Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushalt 2005 zu. Wir wollen uns den Problemen unserer Stadt offensiv stellen. Und dazu zum letzten Mal das Motto:
ATTACKE