Rede zum Haushalt 2004 der Stadt Velbert
gehalten vom Fraktionsvorsitzenden der SPD
Wolfgang Werner MdL am 30. März 2004
ES GILT DAS GESPROCHENE WORT
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Wichtigste zuerst. Die SPD wird auch in diesem Jahr dem Haushalt der Stadt zustimmen. Lassen Sie mich dies im Folgen-den begründen:
Im letzten Jahr habe ich in meiner Haushaltsrede deutlich ge-macht, dass die SPD das Schiff Velbert in schwerer See sieht. Wie froh wäre ich, heute sagen zu können, das Meer ist ruhig und der Frachter Stadt zieht seine Bahn, ja die Mannschaft kann sich schon zurücklehnen und die Aussicht auf die nahe Küste genießen. Leider, die Zeiten sind nicht so. Immer noch läuft Welle an Welle über das Deck und jeder tut gut daran, ei-nen festen Halt zu suchen. Immer noch drohen Wogen von Schulden das Boot runter zu ziehen. Zwar konnte der Gesamt-schuldenstand von 225,5 Millionen Euro in 1997 auf 171 Millio-nen Euro in 2004 gesenkt werden, doch der Preis dafür war der Verkauf von städtischem Eigentum. Das Schiff ist etwas leich-ter geworden, weil ein Teil der Kombüse jetzt auf dem Mee-resgrund liegt, ob es sich damit besser halten wird, muss sich zeigen. Doch nicht nur die Kombüse wurde geleichtert, auch im Maschinenraum fehlt das eine oder andere Teil. Denn mit dem Teilverkauf der Stadtwerke, mit dessen Erlös von 20 Milli-onen Euro auch der Haushalt 2004 gedeckt wurde, ist nicht nur eine Einnahme verbunden. Das RWE erwartet selbstverständ-lich auch eine Beteiligung am zukünftigen Gewinn. Ob die sog. Synergieeffekte letztlich den Gewinn insgesamt so steigern werden, dass die Abführung an die Stadt gleich bleibt, wird sich erst noch zeigen. Und auch der Zusammenschluss der Sparkassen Hilden, Ratingen und Velbert kostet erst einmal Geld, bevor auch hier die Vorteile überwiegen. Beide Entschei-dungen, die die SPD mitgetragen hat, kosten im Übrigen auch Arbeitsplätze, nicht unbedingt für die jetzt Beschäftigten, aber für unsere nachfolgende Generation. Was wir aber brauchen ist Arbeit, Arbeit, Arbeit. Dennoch hat die SPD zugestimmt, weil es darum ging, langfristig die städtischen Unternehmen zu sichern. Eine Totalaufgabe des öffentlichen Eigentums an den Gesellschaften werden wir aber nicht mitmachen. So ist für uns die Wahl eines RWE-Vertreters zum Aufsichtsratsvor-sitzenden der Stadtwerke Velbert unannehmbar, auch nicht für eine Übergangszeit. Wer so handelt darf sich nicht wun-dern, wenn aus den Stadtwerken Velbert ein Ableger des Großkonzerns RWE wird. Für uns ist bei den Verkäufen von städtischen Beteiligungen das Ende der Fahnenstange erreicht. Statt dessen fordern wir nochmals die Ratsmehrheit auf, end-lich Vorschläge zu machen, wie die Ausgaben der Stadt im konsumtiven Bereich dauerhaft gesenkt werden können. Hartz-IV sollte dabei ein Ansatz sein. Wir gehen weiterhin da-von aus, dass es gelingt, die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe so zu nutzen, dass die Kommunen davon profitieren. Es kann und darf nicht sein, dass aus den verspro-chenen 6,5 Mrd. Entlastung eine Belastung von 2,5 Mrd. Euro wird, wie bei der Gemeindefinanzreform, die von der CDU-Mehrheit im Bundesrat bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet wurde und die Gemeinden kaum entlastet. Zur Zeit rechnen alle beteiligten Verbände und Ministerien . Die angedeuteten 2,5 Mrd. Euro Entlastung würden sich für Velbert in Millionen-höhe auswirken. Man darf aber auch die Kehrseite nicht ver-gessen: Weniger Ausgaben für die Stadt heißt weniger Geld bei den Arbeitslosen. Das ist aber die Gruppe, die das Geld zu fast einhundert Prozent konsumiert. D.h. weniger Umsatz für unsere Geschäfte. Aber gerade mit Hartz-IV dürfen wir nicht nachlassen in dem Versuch, arbeitsfähige Sozialhilfeempfän-ger wieder in Arbeit zu bringen. Hier erwarten wir von der Verwaltung weitere Anstrengungen. Und noch etwas macht uns Sorge. Velbert erhält immer mehr Schlüsselzuweisungen. Fast 16 Millionen Euro fließen in 2004 vom Land in das Stadt-säckel. Das ist verglichen mit 2003 eine Steigerung um über 5,5 Millionen oder 52%. Zusammen mit der Schulpauschale von 1,7 Millionen, der Sportpauschale von 213.000 Euro und der Feuer-schutzpauschale von 130.000 Euro finanziert so die Stadt einen großen Teil ihrer Ausgaben aus Landeszuschüssen. Nun freuen wir uns selbstverständlich darüber, dass das Land seine Kom-munen nicht im Stich lässt und auch in schwierigen Haushalts-lagen seine hohe Finanzierungsquote über das Gemeindefi-nanzierungsgesetz beibehält. Wer das nicht glaubt, sollte mal eine Blick z.B. nach Bayern werfen. Nur, was auf der einen Seite so rosig aussieht, ist auf der anderen Seite ganz schön faul. Denn hohe Schlüsselzuweisungen bedeuten niedrige eigene Steuerkraft. Am besten wäre es deshalb, wenn Velbert 0 Euro Schlüsselzuweisungen erhielte. Eine solche, abundant genann-te Stadt, muss das Ziel sein. Heiligenhaus ist ein Beispiel dafür. Aber, die Zahlen zeigen, von diesem Zustand ist Velbert noch weit entfernt. Wir müssen darauf achten, dass unsere gewerb-liche Basis in Velbert nicht wegbricht. Sicher ist es richtig, auf Handel und Dienstleistung zu setzen, aber das richtige, d.h. für die Stadt wichtige Geld wird immer noch in den Gewerbebe-trieben verdient. Sie zu stützen muss unser Ziel sein. Deshalb hat die SPD auch manche Entscheidung mitgetragen, die in anderen Zeiten vielleicht anders getroffen worden wäre. Ich erinnere an die geplante Einziehung der Güterstraße und an die HuF-Zufahrt über die Bahntrasse.
Velbert –fit für die Zukunft- unter diesem Motto hat die Vel-berter SPD schon in der Vergangenheit auf Chancen der Zu-kunftsentwicklung Velberts hingewiesen. Wir brauchen in Langenberg und in Neviges eine Politik, die das Engagement der Bürgerinnen und Bürger aufgreift und mit ihnen zusam-men die Verbindung von Naherholung, Kultur und Tagestou-rismus schafft. Die wunderschöne Altstadt von Langenberg, die Wallfahrt und das Schloss in Neviges, das alles sind Pfunde, mit denen Velbert regional, aber auch überregional wuchern kann. Die VMG müht sich nach Kräften, wir werden das Gefühl nicht los, dass die notwendige Unterstützung durch die Wirt-schaftsförderung oft fehlt. In Velbert. Mitte haben wir verhin-dern können, dass ein großflächiger Einzelhandel auf der De-ponie Metallstraße die Innenstadt verödet. Das jetzt geplante Projekt an der Klee-/ Friedrichstraße findet eher unsere Unter-stützung. Ein Einkaufszentrum an dieser Stelle stärkt die In-nenstadt, mit solcher Konkurrenz müssen und können die vor-handenen Geschäfte umgehen. Wir legen aber viel Wert auf die Ergebnisse der vorgesehenen Verträglichkeitsanalyse. Erst danach werden wir eine endgültige Entscheidung treffen kön-nen. Eine andere Idee bedroht die Innenstadt von Velbert. Die Verlegung des Schloss- und Beschlägemuseums an den Rand der Stadt wäre ein Schlag gegen eine lebendige City. Soll als nächstes die Bücherei folgen, wie dies von der Ratsmehrheit in Neviges ja auch schon mal geplant war? Mit der SPD wird es, wie in Neviges, eine solche Entwicklung nicht geben.
Kultur wird immer stärker zu einem Faktor für eine Stadt, die im Wettbewerb der Kommunen bestehen will. Es ist deshalb höchst bedenklich, wie auch im Haushalt 2004 der Kulturetat wieder zurechtgestutzt wurde von 687.000 Euro in 2003 eine weitere Absenkung auf 583.000 Euro in 2004. Dies sind inzwi-schen rund 25% weniger als noch im Jahr 2002. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob auch die politische Zuge-hörigkeit der beiden verantwortlichen Beamten dort eine Rolle gespielt hat. Kultur ist ein weicher Standortfaktor, der nicht unterschätzt werden darf. Und wir müssen auf allen Gebieten etwas tun, damit wir Arbeitsplätze erhalten und neu schaffen.
Das Schloss Hardenberg ist unser Sorgenkind. Wir freuen uns, dass es wieder gelungen ist, für die Vorburg eine Förderung des Landes zu erhalten. Auch wenn die Stadt große Anstren-gungen unternimmt, um ihren Anteil von 840.000 Euro sicher-zustellen, ohne die Landesförderung von ca. 2 Millionen wären die 2.8 Millionen Euro Gesamtkosten nicht zu stemmen. Mich schaudert noch immer bei dem Gedanken, wie leichtfertig die-se Förderung bei der Genehmigung des Media-Marktes aufs Spiel gesetzt wurde. Doch auch wenn die Vorburg gesichert ist, das Haupthaus des Schlosses wird mit ca. 9 Millionen Gesamt-kosten nochmals große Anstrengungen erfordern. Wir begrü-ßen sehr das bürgerschaftliche Engagement, dass sich vor al-lem im Verein der Freunde und Förderer des Kulturensembles Schloss Hardenberg zeigt. Mit der Hilfe der Bürgerinnen und Bürger wird es hoffentlich gelingen, die notwendigen Mittel beim Land, aber auch bei der NRW-Stiftung sowie der Stiftung Denkmalschutz locker zu machen. Wichtig ist dabei, dass die von der Stadt aufzubringenden Anteile auch in der Finanzpla-nung des Haushalts vorgesehen sind.
Lassen Sie mich jetzt noch auf ein paar weitere Einzelprobleme zu sprechen kommen:
1.Stadtentwicklung
Im Bereich der Stadtentwicklung muss der Gedanke der Nachhaltigkeit, wie ihn die Agenda 21 deutlich macht, stär-ker in den Vordergrund treten. Für uns heißt dies, keine Entwicklung in die Natur hinaus. Das Baugebiet an der Wil-helmshöher Straße mit seinem 100-150 Wohneinheiten im Außenbereich lehnen wir deshalb ab. Uns ist bewusst, dass dies auch finanzielle Auswirkungen hat, da das Gelände damals gegen unsere Stimmen zu einem Preis erworben wurde, der weit über dem für landwirtschaftliche Nutzflä-chen liegt. Die Sanierung in Langenberg muss weitergeführt werden, ebenso wie die weitere Entwicklung von Neviges. Dort sollte man die für die neue Stadtmitte vorgesehene Planung „Auf der Beek“ unserer Auffassung nach noch ein-mal überdenken. Nachdem wohl klar ist, dass die Park and Ride-Plätze durch die Bahn nicht gebaut werden, müssen wir als Stadt überlegen, wie wir dennoch dafür sorgen kön-nen, wie der Haltepunkt Neviges attraktiv gestaltet werden kann. Dies ist in Langenberg etwas einfacher, da es in ge-meinsamer Anstrengung gelungen ist, die Mittel für die dor-tigen P+R-Plätze zu sichern. Ich frage mich nur, warum nicht endlich mit der Baumaßnahme begonnen wird. Ich glaube auch weiterhin, dass es Sinn macht, wenn sich die Stadt in die Gestaltung des Bahnhofes Langenberg einschaltet, not-falls mit dem Ankauf des Gebäudes.
2.Schule
Im Schulbereich war es sinnvoll, ein Jahr abzuwarten, um die Erfahrung aus anderen Städten bei der Offenen Ganz-tagsgrundschule nutzen zu können. Wir begrüßen aus-drücklich, dass es in Velbert gelungen ist, im Gegensatz zu anderen Gemeinden, einvernehmliche Modelle zu entwi-ckeln, um mit den großen Trägern und den Schulen eine Lö-sung zu finden, die den Kindern und ihren Eltern und den Schulen dient, und nicht einer Ideologie. Wir hoffen, dass die beantragten Mittel von 720.000 Euro bewilligt werden und dass die vorgesehenen 15 Gruppen auch zustande kommen. Wäre es nach der Landes-CDU gegangen, hätte es diese Möglichkeit nicht gegeben, denn mit ausschließlich einem 20 prozentigen Lehrerstellenzuschlag, d.h. von 5 Leh-rerstunden pro Klasse, wäre eine solche Maßnahme nicht machbar, die ja im Durchschnitt fast 20 Stunden pro Woche für die Kinder organisiert. Wir danken ausdrücklich dem SKFM und der AWO für die konstruktive Zusammenarbeit bei dieser Lösung.
3.Sport
Der Sportbereich, das erkennen wir neidlos an, hat in den letzten Jahren eine gute Entwicklung genommen. Mit dem Sportplatz Danieden und der Sporthalle am Baumist ein Highlight gesetzt. Gut, dass es gelungen ist, die Landesmit-tel noch zu erhalten, denn nach der Einführung der Sport-pauschale wird es eine Objektförderung in Zukunft ja nicht mehr geben. Die positive Entwicklung wurde aber nur mög-lich, weil die Sportvereine ihren Beitrag geleistet haben, durch Zusammenlegung, durch Verzicht auf Sportstätten, durch die Sporthallenbenutzungsgebühr usw. Solange dies alles mit Zustimmung der Vereine geschieht, werden wir von der SPD dies auch stützen. Dem Sportverband kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Wir bitten darum, dass dies auch bei den Problemen, die es mit dem Haus des Sports gibt, Berücksichtigung findet.
4.Kinder und Jugend
Wir begrüßen, dass es gelungen ist, den Anstieg der Einwei-sungen von Kindern und Jugendlichen in Heime zu bremsen. Dies hat nicht nur positive finanzielle Auswirkungen, son-dern dient vor allem den Kindern. Wir treten weiterhin dafür ein, die Einrichtungen für Jugendliche nicht einzuschränken. Ich hoffe persönlich darauf, dass es gelingt, in der von der
Initiative erzwungenen neuen Debatte des Landtags über die Unterstützung des Landes auf diesem Gebiet, neue Mit-tel für den Jugendbereich locker zu machen.
5.Wirtschaftsförderung
Wir begrüßen ausdrücklich die Arbeit der Wirtschaftsförde-rung in unserer Stadt. Bei verschiedenen Veranstaltungen konnte ich mich selbst überzeugen, dass deren Angebot von den hiesigen Unternehmen gut angenommen wird, und Be-standspflege ist ja ein wichtiger Teil der Wirtschaftsförde-rung. Wir geben aber zu bedenken, dass ein Ausbau der Wirtschaftsförderung nicht zu Lasten der anderen Bereiche gehen darf. So brauchen wir weiterhin eine Stadtentwick-lungsplanung, die sich unabhängig von Investoreninteres-sen am Gemeinwohl orientiert. Wir begrüßen deshalb, dass es gelungen ist, die Planungsabteilung wieder etwas aufzu-stocken. Verglichen mit der Wirtschaftsförderung bleibt die Stadtplanung aber immer noch unterbesetzt.
6.Steuern und Abgaben
Im Bereich der Steuern und Abgaben ist für uns das Ende der Fahnenstange erreicht. Höhere Sätze für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer würden wir nicht mittragen. Wir hof-fen auch darauf, dass es bei den Müllgebühren gelingt, trotz eines hohen Qualitätsanspruchs bei Vermeidung, Verwer-tung und Beseitigung von Müll, auch in Zukunft stabile Ge-bührensätze zu halten, bzw. diese noch weiter zu senken. Auch wenn der Kreis die zuständige Behörde geworden ist, wir wollen auch in Zukunft unsere Verantwortung auf die-sem Gebiet für die Stadt wahrnehmen.
7.Soziales
Wir meinen, wir täten gut daran, zu überlegen, ob es nicht möglich ist, den einen oder anderen Standard im sozialen Bereich in Velbert zu erweitern. Ich denke da z.B. an die Un-terbringung von Aussiedlern. Wenn sich eine Familie mit zwei Kindern, die auch schon älter sind, über Jahre ein einzi-ges Zimmer teilen muss, so halten wir dies in unserem im-mer noch wohlhabenden Land für unzumutbar. Vor allem, wenn an anderer Stelle Wohnungen, auch städtische, leer stehen. Vor langer Zeit hatte ich einmal angeregt, alle Un-terkünfte mit Nasszellen auszurüsten, dies wurde dann nach und nach gemacht. Ich meine, dass von mir jetzt auf-gezeigte Problem müsste genauso angegangen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sagte es schon zu Beginn: Die SPD wird dem Haushalt 2004 der Stadt zustim-men. Nicht alle Positionen hätten wir genauso entschieden, wenn wir die Ratsmehrheit stellen würden, aber die Richtung stimmt. Das wir zum zweiten Mal hintereinander dem Haus-halt zustimmen ist vor allem auch ein Verdienst des Stadt-kämmerers und unseres gemeinsamen Bürgermeisterkandida-ten Stefan Freitag, der mit seine Fachkompetenz, vor allem a-ber auch seiner Offenheit für alle Anregungen im besten Sinne das verkörpert, was unser Bundespräsident Johannes Rau mit seinem Slogan „Versöhnen statt spalten“ bezeichnet. Deshalb gilt unser Dank dem Kämmerer, aber auch seiner Mann-, bzw. Frauschaft und allen die an der Aufstellung des Haushaltsplans mitgewirkt haben. Im Logbuch unseres Tankers Velbert sind noch manche Seiten offen, es kommt jetzt darauf an, es Tag für Tag mit Leben zu füllen und den Kurs zu halten.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.