Die Bebauung der Fläche Großes Feld sorgt seit einiger Zeit in Velbert für Aufregung. Kern der Auseinandersetzung ist das Vorhaben, aus dem Gebiet „Große Feld“ ein Gewerbegebiet zu machen. Der bisherige Acker an der Langenberger Straße neben dem Industriegebiet Röbbeck soll Velberter Unternehmen Expansionsraum bieten und neue Firmen anlocken.
Doch genau das stört einige Bürger und auch einige Parteien haben sich im Gegensatz zur früheren Zustimmung dagegen positioniert.
Die Stadt selber entwickelt diese Fläche, weil der Bedarf der Betriebe nach weiteren Grundstücken steigt. Velbert braucht dringend Gewerbeflächen.
Nur wenn Firmen expandieren können, werden unsere Betriebe hier weiterhin produzieren. Die Kernfrage hierbei ist: Möchten wir unseren arbeitenden Bürgern mittelfristig den Arbeitsplatz sichern oder nicht?
Neben unserer Schlüsselindustrie können aber auch andere Branchen auf neuen Flächen angesiedelt werden. Wer weiß denn schon jetzt, welches Unternehmen hier, zwischen Rhein und Ruhr, bauen möchte? Ohne die Flächen können wir allerdings nur kleine Unternehmen gewinnen.

Früher bauten Fabriken mehrstöckig. man sieht das zum Beispiel in der Schulstraße an der Tiefenthal-Brache. Doch neuere Fabriken sind allesamt ebenerdig gebaut, wie man im Vergleich im Industriegebiet Röbbeck sehen kann. Effizienz ist Trumpf und Arbeitsabläufe sind so viel besser zu verbinden. Der Vorteil der Effizienz des Unternehmens ist natürlich ein Nachteil im Flächenverbrauch. Reihenhaussiedlungen verbrauchen auch mehr Land als dieselbe Wohnraumanzahl in einem Hochhaus. Leider hat unser reizendes Velbert hier einen besonderen Nachteil: Berge!

Das ansonsten malerische Bergische Land verhindert große ebene Flächen, an denen gezielt Industrie angesiedelt werden kann. Wo kein Hügel ist, ist ein Tal. Kritiker bemängeln, dass das Gebiet trotzdem zu steil wäre und kein Unternehmer dort bauen würde.
Vergleicht man die Gefälle und die Topografie vom Großen Feld und der gegenüber liegende Röbbeck fällt auf, dass die Röbbeck deutlich steiler abfällt. Trotz der sogar schwierigeren Topografie ist das Industriegebiet Röbbeck komplett bebaut und zahlreiche Firmen haben dort ihren Standort.



Ein wichtiges Argument der Bebauungsgegner ist, dass wir wertvollen Ackerboden vernichten. Tatsächlich sind Felder rar, besonders in solch bergigen Regionen. Doch ein Blick auf die untere Karte zeigt, dass die Fläche eine industrielle Geschichte hat.


Mitten im Plangebiet liegt ein Steinbruch. Dort wurden in den vergangenen Jahrhunderten Steine zum Haus au gewonnen. In der Senke bestand der Verdacht, dass dort ein Schacht ist, jedoch haben Probebohrungen klar ergeben, dass die Senke natürlichen Ursprungs ist und das sich dort sammelnde Wasser nicht aus einem gefluteten Stollen stammt. Dennoch ist die Bergbaugeschichte interessant für die Bewertung des Ackerbodens. Direkt nebenan, am Bleiberg, wurde seit dem 15. Jahrhundert Bergbau betrieben. In der dortigen Miene wurde Blei gewonnen. Das Gestein dort hat einen recht hohen Bleigehalt und dieses Blei kann gefährlich werden. Die Erdproben der Firma Dr. Spang ergaben Überschreitungen der Grenzwerte für Blei, Cadmium, Kupfer, Arsen, Zink, Nickel und Thalium. Gemäß denMesswerten kann der Bodenaushub des Großen Felds nur sehr eingeschränkt weiter benutzt werden, an einigen Stellen muss der Boden gar auf eine Deponie. Im Vergleich zu den Erdproben der alten Gießereideponie neben der Kita an der Brangenberger Straße sind einige Schwermetall-Werte sogar höher. Die Deponie wurde seinerzeit extra angelegt um die giftigen Gießereisande zu lagern, das Feld hingegen soll Lebensmittel und Futtermittel produzieren. Es ist fraglich, ob die Lebensmittelproduktion auf diesen Felder in Zukunft und mit diesem Wissen zulässig wäre. Alte Karten zeigen zudem, dass früher einige Wege und Straßen durch das Feld führten, das Bodengefüge also auch geschichtlich nicht ungestört ist. Zusammenfassend ist das Feld eindeutig geprägt durch den Menschen und keineswegs unangetasteter wertvoller Boden. Selbst die dort markierten Braunerden haben durch die sehr problematischen Schwermetallwerte keine Bedeutung.
Die Baugrunduntersuchung mit allen Messwerten finden Sie hier
Doch abgesehen vom Boden gibt es noch andere Umweltaspekte. Was zerstören wir denn dort? Wie wird das kompensiert?
Egal wie das Große Feld bebaut wird, ein Stück bewirtschaftete Natur geht verloren, das ist klar. Es wird auch nirgendwo eine gleiche Fläche Brachland zu einem Feld umgegraben. Unverdichtete Flächen können zum Beispiel als Kaltluftschneisen dienen und die Innenstädte mit Kühler Luft versorgen. Die Stadt hat untersucht, ob das Große Feld das überhaupt kann. Die Experten habe in sehr komplizierten Abhandlungen herausgefunden, dass das Große Feld aufgrund seiner Lage östlich der Stadt und tiefer als die Stadt nur bei ganz seltenen Wettersituationen Kaltluft liefern kann. Die meiste Zeit des Jahres läuft die warme Luft der Stadt über das Feld Richtung Deilbach und kühlt dort ab.
Den kompletten Klimabericht finden Sie hier.
Das Feld beherbergt nicht nur Bauern auf Traktoren und deshalb würde auch untersucht, welche Arten dort leben und inwieweit man Vögel und Fledermäuse durch eine Bebauung stören würde. Auch diese Untersuchung weißt darauf hin, dass ein Gewerbegebiet keine große Beeinträchtigung für die Tierwelt bedeuten würde. Die Artenschutzuntersuchung finden Sie hier.
Im Gebiet entspringt ein Bach, der das Feld zum Deilbach hin entwässert. Anwohner haben Angst, dass durch eine Versiegelung des Feldes heftige Regenereignisse zu Überschwemmungen führt. Damit diese Gefahr nicht besteht, hat die Stadt besonders schwere Starkregen über das Soll berechnet und entsprechende Regenrückhaltebecken vorgesehen. Grundsätzlich darf sich die Hochwassergefährdung für die tiefer liegenden Nachbarn nicht verschlechtern, dafür gibt es extra Gesetzte. Durch eine Bebauung wäre die Hochwassergefahr letztendlich sogar geringer, denn jetzt gibt es außer dem Boden keine Regenspeicher. Das sieht man unter anderem an Erosionen und Erdanspülungen im unteren Bereich.
Die Stadt ist verpflichtet die Umwelteingriffe auszugleichen. Dafür gibt es ein gesetzlich vorgeschriebenes System. Der verlorene Naturwert wird in Punkten berechnet und diese Punkte muss man an anderer Stelle ausgeben. Man könnte beispielsweise aus einer Weide eine Streuobstwiese machen. Oder man errichtet ein Naturschutzgebiet. Ein Großteil der Punkte wird in diesem Fall dafür genutzt eine Auenlandschaft am Deilbach zu verbessern. So entsteht an einem Radweg ein sehr hochwertiges Ökosystem, welches es ohne diese Kompensation nicht geben würde. Während an der Langenberger Straße eine Tür zu geht, geht in Langenberg eine andere Tür auf. Durch den Entwässerungsweg der Ackerbeeke über den Deilbach ist außerdem ein entfernter naturräumlicher Zusammenhang hergestellt worden.
Für die Lebewesen und die Natur am Großen Feld wird es jedoch weitere Maßnahmen geben. Laut den Plänen wird das Gewerbegebiet verhältnismäßig grün. Begrünte Dächer, Bäume, Park-ähnliche Anlagen und in der Mitte der alte Steinbruch als ökologischer Hotspot. Die Stadt bemüht sich also weit über die gesetzlichen Bestimmungen, den Eingriff in die Natur abzuschwächen und das muss man anerkennen. Hier finden Sie die ausführliche Umweltuntersuchung.
Zusammenfassend spricht in dieser Situation viel für diesen Bebauungsplan. Die Vorteile scheinen zu überwiegen, auch wenn wir vor einigen Problemen stehen. So beklagen wir bei den bisherigen Entwürfen besonders die mangelhafte Untersuchung zur Verkehrsbelastung. Hier wurden starke methodische Fehler gemacht, indem man nur den Verkehr bis zur Kreuzung Metallstraße misst. Für die Bebauung ist das zwar uninteressant, für die Gestaltung der Velbert er Hauptverkehrsstraßen ist das aber wichtig. Wenn die Langenberg Straße gerade zwischen Berliner Platz und Metallstraße noch mehr Verkehr ertragen muss, droht dem Nadelöhr der Infarkt. Hier muss eine kluge Stadtentwicklung parallel und frühzeitig gegensteuern! Ein weiteres Manko sind nicht eingezeichnet Bushaltestellen. Die nächstgelegenen Bushaltestellen an der Langenberg Straße sind faktisch zu weit entfernt und an der Langenberger Straße fehlt bisher ein Bürgersteig auf der Seite des Großen Feld. Doch auf diese Details werden wir bei der Aufstellung der Bebauungspläne genau achten.
Die gesammelten Unterlagen für den Bebauungsplan finden Sie hier.